Consultation: | (07.09.2025) Delegiertenversammlung 2025 | Assemblée des délégué·es 2025 | Assemblea de* delegat* 2025 |
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Proposer: | JUSO Schweiz (decided on: 08/01/2025) |
Status: | Screened |
Submitted: | 08/01/2025, 21:13 |
A3: Vermögensungleichheit: Nährboden des Faschismus
Motion text
Kapitalistische Vermögensungleichheit: Nährboden des Faschismus
In einem kapitalistischen Wirtschaftssystem ist das Vermögen ungleich verteilt.
In der Schweiz verschwenden die Superreichen kolossale Summen für Megayachten,
Privatjets und die Luxusindustrie im Allgemeinen, während gleichzeitig mehr als
700'000 Menschen von Armut betroffen sind[1] und ein Viertel der schweizer
Bevölkerung aus finanziellen Gründen auf medizinische Versorgung verzichten
muss[2]. Sowohl die Schweizer als auch die weltweite Produktion würden
ausreichen, um allen Menschen ein würdiges Leben zu ermöglichen. Doch die
Kapitalist*innen haben zahlreiche Mechanismen geschaffen, um sich, zu Lasten der
Arbeiter*innen, einen möglichst grossen Teil des Reichtums des Landes
anzueignen, ihre Gewinne zu maximieren und stabile, dauerhafte Dynastien zu
schaffen.
Diese zunehmende Vermögensungleichheit hebt die Reichsten immer weiter vom Rest
der Bevölkerung ab und verstärkt ihre Macht. So können sie mit eigenen Medien
enormen Einfluss auf die Politik nehmen, wie dies beispielsweise die Familie
Coninx, Christoph Blocher und Giuseppe Nica in der Schweiz oder Bolloré und
Drahi in Frankreich tun. Durch ihre Kontrolle über die Produktionsmittel
besitzen sie den Grossteil des Kapitals und haben dadurch eine unendlich viel
grössere Macht als jede*r Arbeiter*in. Zusätzlich verstärkt wird diese
Machtkonzentration durch den Abbau des Service Publics, die Privatisierungen und
die Steuersenkungen, welche die aktuelle neoliberale Ära prägen.
In dieser Zeit der zunehmenden Ungleichheit, in der die Vermögen des reichsten 1
% ständig wachsen, ist es entscheidend, die Ursachen des Problems zu untersuchen
und die aktuelle Situation zu verstehen. Wir werden darum analysieren und
aufzeigen inwiefern die Ungleichheiten eine direkte Folge des Kapitalismus sind,
weshalb sie weiter zunehmen und weshalb diese Entwicklung die Gesellschaft in
den Faschismus führen könnte.
Ein Rückblick auf die Geschichte der Vermögensungleichheit
Seit es soziale Klassen gibt, besteht eine ungleiche Verteilung der Ressourcen.
Die Geschichte ist seitdem geprägt vom Übergang zwischen verschiedenen
Produktionsverhältnissen, die alle durch Klassengegensätze zwischen den
Besitzenden und den Besitzlosen gekennzeichnet sind. Vor der Industrialisierung
und der Blütezeit der Sklaverei in Amerika war es aufgrund der geringe
Produktionseffizienz jedoch nicht möglich, das notwendige Kapital anzuhäufen, um
eine abgrundtiefe Kluft zwischen den Reichsten und den Ärmsten zu schaffen. Der
technische Fortschritt und eine immer intensivere systematische Ausbeutung
ermöglichten einen qualitativen Sprung in der Entwicklung der Produktionsmittel,
was eine Voraussetzung für die Kapitlakkumulation ist.
Dies war möglich, weil seit dem 16. Jahrhundert in England zunehmen Land
privatisiert wurde, wobei die Bauern*Bäuerinnen zugunsten der Feudalherren und
der Bourgeosie enteignet wurden[3]. Das Land, das sich somit in den Händen einer
kleinen Zahl von Menschen befand, ermöglichte eine Vermögensanhäufung durch
Pachtzinsen. Darüber hinaus lieferte die Landflucht der Landarbeiter*innen immer
mehr Arbeitskräfte für die Industrien, welche mit Hilfe des Kapitals aus den
oben genannten Pachtzinsen entstanden. Ebenso war seit dem 15. Jahrhundert die
Sklaverei eine der Hauptquellen des Kapitals, welche die Industrialisierung
Englands, aber auch des übrigen Europas und damit den gigantischen Reichtum der
europäischen Bourgeoisie ermöglichte. Der Übergang zur kapitalistischen
Produktionsweise war also geprägt von Landraub, Ausbeutung von Arbeiter*innen
und Versklavung rassifizierter Menschen. Es geht hier also nicht nur um
Vermögensungleichheit, sondern um ein System des Antagonismus von Klasse,
Geschlecht und Race zwischen denen, die besitzen, und denen, die unterdrückt
werden.
In der Schweiz verlief der Prozess ähnlich. Gemeinschaftlich bewirtschaftetes
Land wurde auch hier zu Privateigentum gemacht. Diese Privatisierung erstreckte
sich über mehrere Jahrhunderte, wurde jedoch durch die Gründung der Helvetischen
Republik im Jahr 1798 unter dem Druck der französischen Truppen beschleunigt[4].
So gingen die Allmenden, also das von der Bevölkerung gemeinsam genutzte Land,
in den Besitz der bürgerlichen Familien über. Es handelt sich also um einen
historischen Prozess, der aus der Französischen Revolution hervorgegangen ist
und der liberalen Ideologie und dem Privateigentum in der Schweiz zum Durchbruch
verhalf. Dieser ermöglichte es der Bourgeosie Fabriken zu bauen und so die
Produktionsmittel in ihren Händen zu konzentrieren. Die Bourgeoisie hat nicht
nur die bezahlte Arbeit der Arbeiter*innen ausgebeutet, sondern auch die
unbezahlte Arbeit von Frauen in prekären Verhältnissen und von versklavten
rassifizierten Menschen. Die heutigen Ungleichheiten in der Vermögensverteilung
sind daher die Folge einer Spaltung der Gesellschaft in Klasse, Geschlecht und
Race, aber auch der ungleichen und miteinander verflochtenen Entwicklung
zwischen dem globalen Norden und Süden.
Diese Unterdrückungssysteme bestehen weiterhin und dienen noch immer den
Reichsten. So beuten die Grossunternehmen der Superreichen weiterhin die gesamte
Arbeiter*innenklasse aus, insbesondere die prekärsten Gruppen wie FLINTA-
Personen, Menschen im globalen Süden, rassifizierte Menschen und Migrant*innen.
Das Ausmass der Vermögensungleichheit
Heute zeigt sich die Klassengesellschaft in der Schweiz am schärfsten in der
ungleichen Verteilung von Kapital und Ressourcen. Dem reichsten 1% der Schweizer
Bevölkerung gehört mindestens 45% des gesamten Vermögens[5]. Das unermessliche
Vermögen der reichsten 300 Menschen und Familien der Schweiz beläuft sich auf
krasse 833.5 Milliarden Schweizer Franken[6]. Die dreihundert Reichsten konnten
ihr Vermögen in den letzten zwanzig Jahren mehr als verdoppeln[7]. Dem gegenüber
stehen 1.2 Millionen Schweizer Einwohner*innen, die über kein steuerbares
Vermögen verfügen und armutsgefährdet sind[8].
Das Vermögen der Superreichen liegt nicht einfach auf Bankkonten mit spärlichen
Zinsen, sondern wird in Immobilien und Aktien investiert, um damit maximale
Profite zu machen. Treiber der krassen Anhäufung des Reichtums bei einigen
wenigen ist Kapitaleinkommen, wie beispielsweise Dividenden, Mieteinnahmen und
Aktiengewinne. Diese Zugewinne beim Vermögen der Superreichen sind die direkte
Konsequenz der kapitalistischen Umverteilung von unten nach oben. Der reale
Medianlohn der Arbeiter*innen in der Schweiz folgte bis 2016 immerhin noch einer
durchschnittlichen Teuerung um 1%. Seit bald zehn Jahren sinken die Reallöhne
der tieferen und mittleren Einkommensklassen aber kontinuierlich[9]. Den
Arbeiter*innen, also den Menschen, die auf Lohn oder Sozialleistungen zum
Überleben angewiesen sind, bleibt am Ende des Monats immer weniger Geld übrig.
Dieses Geld verschwindet nicht einfach, sondern fliesst in Form von
Kapitaleinkommen in die Taschen der Superreichen, beispielsweise durch höhere
Preise, steigende Krankenkassenprämien oder Lohneinbussen zugunsten steigenden
Dividendenanteilen. Jährlich werden 70 Milliarden Franken an Kapitaleinkommen
ausgeschüttet[10]. Dazu kommen Mieteinnahmen in Milliardenhöhe: Im Jahr 2021
bezahlten Mieter*innen in der Schweiz 10 Milliarden Franken zu viel Miete[11].
Ein Grossteil dieser Gelder fliesst an die Reichsten der Schweiz. Längerfristig
am Leben erhalten werden diese Klassenverhältnisse und diese
Vermögensungleichheit in erster Linie durch Erbschaften. In der Schweiz haben
60% der Superreichen ihren Reichtum geerbt und 80% ihres Reichtums kommt aus
Erbschaften[12].
Einzelne soziale Errungenschaften, wie beispielsweise Sozialversicherungen oder
Ausgleichszahlungen, täuschen über die ungleiche kapitalistische
Ressourcenverteilung hinweg. Diese Errungenschaften wurden auf der Strasse
erkämpft und sind nicht die logische Konsequenz neoliberaler Politik.
Institutionelle Demokratie im Kapitalismus hat die Funktion, dem volljährigen
Teil der Arbeiter*innen, mit Schweizerischer Staatsbürgerschaft und ohne
Vormund, begrenzte Mitbestimmung in einzelnen (politischen) Bereichen zu
gewähren, um sie so davon abzulenken, das System als Ganzes in Frage zu
stellen.[13] Einzelne Zugeständnisse schützen so die Vormachtstellung der
Kapitalist*innen. Deshalb stabilisieren diese Reformen nicht einmal die
ungleiche Vermögensverteilung, sondern mindern den Anstieg der Ungleichheit
lediglich ab und stabilisieren das kapitalistische System.
Vermögensungleichheit ist eine politische Entscheidung!
Diese Situation ist jedoch kein Zufall, sondern das Ergebnis bewusster
politischer Entscheidungen hinsichtlich gesetzlicher Regelungen und der
Funktionsweise liberaler Institutionen. Das Ziel ist die Bereicherung der
bürgerlichen Dynastien und die Aufrechterhaltung der Macht der Kapitalisten über
Politik und Wirtschaft.
So geht der Neoliberalismus einher mit Steuersenkungen für die Reichsten. Da der
Vermögenssteuersatz einen starken Einfluss auf die Vermögensungleichheit hat,
ist sein seit 1970 anhaltender Rückgang einer der Gründe für den Fortbestand
bürgerlicher Familien und die immer stärkere Konzentration ihres Reichtums. Denn
obwohl Kapital nicht arbeitet, ermöglicht es Investitionen in Produktionsmittel
und die Ausbeutung der Arbeiter*innen, um sich den Mehrwert ihrer Arbeit
anzueignen. So zieht Reichtum weiteren Reichtum an. Ohne eine hohe
Vermögenssteuer vergrössern sich die Ungleichheiten. Von 1968 bis 2020 sind 25 %
des Vermögenszuwachses der reichsten 0,1 % der Schweizer Bevölkerung auf die
Senkung der Vermögenssteuern zurückzuführen[14]. Diese Steuern werden auf
kantonaler Ebene erhoben, was zusätzlich zum internationalen Wettbewerb auch zu
einem Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen führt. Es gibt also zwei Ebenen,
die die Schweiz im Wettlauf um die niedrigsten Steuern beeinflussen, um Kapital
anzuziehen und die Interessen der Bourgeoisie zu verteidigen. Letztere drängt
auf Steuersenkungen und damit auf den Abbau des Service public. Hohe Steuersätze
reichen jedoch nicht aus, um das Problem der Ungleichheit wirklich zu lösen.
Tatsächlich stiegen die Spitzensteuersätze auf Vermögen in den USA auf bis zu 94
% und in Frankreich in der Zwischenkriegszeit auf 90 %[15], ohne das
Wirtschaftswachstum zu beeinträchtigen.
Neben der Vermögenssteuer gibt es noch andere Formen der Besteuerung, die jedoch
derzeit zu gering sind, um die Kapitalakkumulation zu verlangsamen:
Kapitalsteuer, Grundsteuer, Erbschaftssteuer usw. Letztere könnte, obwohl sie
bei weitem nicht ausreicht, um das kapitalistische System zu stürzen, die
Anhäufung von Reichtum bekämpfen, indem sie die generationsübergreifende
Kapitalakkumulation verhindert.
Diese geringe Besteuerung der Reichsten ist der politische Wille der
bürgerlichen Rechten in Zusammenarbeit mit den Lobbys der Superreichen.
Zusätzlich zu den ohnehin schon niedrigen Steuern profitieren die Superreichen
von der sehr laxen Kontrolle der Steuerhinterziehung durch die Schweizer
Institutionen. Tatsächlich werden jedes Jahr riesige Summen von den Reichsten in
der Schweiz versteckt. Zwischen 2010 und 2020 sollen so mindestens 66 Milliarden
nicht deklariert worden sein[16]. Steuerhinterziehung, aber auch alle legalen
Formen der Steuervermeidung sind daher Instrumente, die von den Reichsten häufig
genutzt werden, um ihren Reichtum zu vergrössern und die Konzentration des
Reichtums zu verstärken. Auf struktureller Ebene zeichnet sich dies durch eine
Nachgiebigkeit der Institutionen gegenüber Steuervermeidung sowie durch die
Entwicklung von Steueroasen wie der Schweiz aus.
Es stellt sich also die Frage, warum bürgerlich-rechte Politiker*innen und
Unternehmenschef*innen ein solches System und solche Institutionen
aufrechterhalten. Die Antwort ist einfach: aus eigenem materiellen Interesse.
Keine Demokratie ohne Verteilungsgerechtigkeit
Wer Geld hat, hat Macht und kann sich mehr politische Macht kaufen.
Vermögenskonzentration heisst deshalb in erster Linie Machtkonzentration.
Während eine kapitalistische Demokratie auf den bestehenden Klassenverhältnissen
basiert und zum Ziel hat, diese zu stärken, steht Machtkonzentration im
grundsätzlichen Widerspruch zu einer echten, sozialistischen Demokratie. In
einer sozialistischen Demokratie muss Mitbestimmung aller Menschen in allen
Lebensbereichen, wie auch dem Arbeitsort und der Wohnsituation, gewährleistet
sein. Mitbestimmung darf sich nicht auf einfache Mitsprache begrenzen, sondern
muss Mitbesitz an Produktionsmitteln bedeuten. Deshalb ist kapitalistische
Demokratie immer nur eine Pseudodemokratie.
Die Vormachtstellung der Kapitalist*innen und der Superreichen wirkt sich direkt
auf politische Entscheide aus: Mehrere Studien aus Deutschland und den USA
zeigen, dass die Interessen von reichen Menschen in der institutionellen Politik
im Kapitalismus deutlich mehr Gehör finden als jene von armen Menschen[17].
Superreiche und ihre Unternehmen können Milliarden in Parteispenden, Lobbying
und Öffentlichkeitsarbeit stecken[18]. Gleichzeitig können Unternehmen die
Lohnabhängigkeit ihrer Angestellten nutzen, um gewerkschaftliche Organisation
und politisches Engagement zu verhindern oder kleinzuhalten. Diese Effekte
verstärken sich gegenseitig: Politik im Interesse der Superreichen führt zu
Steuersenkungen, die die Vermögen der Superreichen um Millionen und Milliarden
steigert, die wiederum die politische Macht und Einflussnahme der Superreichen
erhöht. So erfüllt institutionelle Demokratie den Zweck, die bestehenden
Klassen- und Produktionsverhältnisse zu stärken.
Dieselben Machtverhältnisse zeigen sich in der öffentlichen Meinungsbildung. Das
kapitalistische System wird dem italienischen Philosophen Antonio Gramsci
zufolge nicht nur durch Zwang und Unterdrückung aufrechterhalten, sondern
genauso durch das Schaffen eines gesellschaftlichen Konsens.[19] Dieser Konsens
wird in und durch verschiedene politische, staatliche und zivilgesellschaftliche
Institutionen geschaffen, wie beispielsweise Medien, (Hoch)Schulen, Thinktanks.
Die Bourgeoisie hat durch ihren Besitz und ihr Kapital Macht über und in diesen
Institutionen. Diese Vorherrschaft und Deutungshoheit über die öffentliche
Meinung nennt sich kulturelle Hegemonie und stützt das kapitalistische System.
Konkret zeigt sich das beispielsweise bei privaten Medienkonzernen, welche die
Medienlandschaft dominieren. Nach der SRG sind die meinungsmächtigsten Konzerne
die TX Group, Meta, CHMedia und Ringier.[20] Gerade im digitalen Raum ist der
Einfluss der Konzerne noch grösser als im analogen Bereich. Durch Algorithmen
wird gesteuert, welche Inhalte wem und vor allem wie vielen Menschen gezeigt
werden.[21] Dass diese Einflussnahme selbst mit kapitalistischen demokratischen
Grundprinzipien und dem Schutz der freien Meinungsbildung unvereinbar ist,
erkennt mittlerweile sogar die EU an.[22] Diese Machtkonzentration begrenzt sich
nicht nur auf Medienkonzerne, sondern konzentriert sich bei gigantischen
Techmonopolen insbesondere auf einzelne schwerreiche Männer: Meta ist im Besitz
von Mark Zuckerberg, der über ein Vermögen von 250 Milliarden Dollar verfügt.
Dasselbe Bild zeigt sich bei Schweizer Printmedien. Verleger*innen wie Giuseppe
Nica oder Christoph Blocher kontrollieren Zeitungen mit Auflagen von 1.2
Millionen beziehungsweise 600'000.[23] Gerade im analogen Raum zeigen sich
ausserdem die Konsequenzen der kapitalistischen Prinzipien in der Medienwelt,
sowie des desaströsen Fehlens einer breiten, unabhängigen Medienförderung.
Zeitungen sind abhängig von Profiten aus Inseraten von Konzernen, die sich diese
Inserate auch leisten können, oder werden von Superreichen aufgekauft und
kontrolliert.[24]
Da die Funktion der Konzerne und Institutionen im Besitz der Kapitalist*innen in
erster Linie ist, die Vormachtstellung der Kapitalist*innen zu stützen und ihre
kulturelle Hegemonie zu stärken, bleiben journalistische Prinzipien,
Unabhängigkeit und kritische Berichterstattung auf der Strecke. Emanzipatorische
Ziele werden erst recht nicht verfolgt. Facebook/Meta steht wegen schlechtem
Datenschutz in der Kritik, der Weitergabe von Nutzer*innendaten und dem
Wegschauen bei Wahlmanipulation in der Kritik.[25] Im Januar 2025 wurde
ausserdem unabhängiges Fact-Checking in den USA auf Meta, wie schon zuvor auf X,
abgeschafft.[26] Die (sozialen) Medien sind machtsichernde Werkzeuge der
Superreichen.
Für eine demokratische Gesellschaft muss die Macht der Superreichen und der
Kapitalist*innen gebrochen werden.
Die Gefahr des Faschismus
Der Kapitalismus verunmöglicht nicht nur eine volle Demokratie, sondern birgt
eine direkte Gefahr für faschistische Entwicklungen. Bei einfacher erhöhter
politischer Macht und kultureller Hegemonie bleibt es nämlich nicht.
Kapitalistische Produktionsverhältnisse bergen nämlich – vor allem in ihren
Krisen – den Kern des Faschismus.
Faschismus abschliessend zu definieren ist unmöglich, es existieren
verschiedenste Definitionen und Debatten darüber. Grundsätzlich ist Faschismus
keine politische Ideologie, sondern ein autoritärer, menschenverachtender
Führungs- und Organisationsstil. Ihm zugrunde liegen eine antikommunistische,
autoritär-nationalistische, rassistische, antifeministische und antisemitische
Ideologie, sowie eine angestrebte länderübergreifende Massenmobilisierung, die
in Terror für die arbeitende Klasse und marginalisierte Menschen mündet.[27]
Gleichzeitig zeichnen sich faschistische Strömungen durch einen klaren Fokus auf
Identität, Feindbilder und Gewalt aus: Kritik wird als Verrat gesehen, jede Form
der Andersartigkeit abgelehnt, es gibt einen Kult der Tradition und die
Frustration einer angeblichen Mittelklasse steht im Zentrum.[28]
Genau deshalb fruchtet der Faschismus in einem von Krisen getriebenen
Kapitalismus. Wenn Profitraten zurückgehen, die Monopolisierung immer weiter
zunimmt und sich Kapital und Macht bei immer weniger Menschen sammelt, bedroht
das die Vormachtstellung der gesamten Bourgeoisie. Die freie Marktwirtschaft
reicht nicht mehr aus, um die Profite der Kapitalist*innen
aufrechtzuerhalten.[29] Während die Kleinbürgerlichen ihre Existenz bedroht
sehen, fürchten Superreiche um ihre Milliardenvermögen - und haben deshalb Angst
vor eine klassenbewussten Arbeiter*innenklasse und einer sozialistischen
Revolution. Hier hat der Faschismus als Vermittler ein leichtes Spiel. Wenn
Kapitalist*innen einen starken Staat für ihre Bedürfnisse brauchen, greifen sie
ein und nutzen den Staat, um auf gewaltvolle und autoritäre Art und Weise ihre
Profite und ihre Position zu schützen.[30] Faschistische Parteien und Akteure
haben kein Interesse daran, die Herrschaftsverhältnisse an sich zu verändern.
Wenn Arbeiter*innen für ihre Rechte kämpfen, folgen Repressionen.
Gewerkschaften, Parteien und Vereine der Arbeiter*innen werden zerschlagen,
kriminalisiert und ihre Mitglieder verfolgt.
Faschistische Strömungen brauchen zudem die Unterstützung einer sich frustriert
und bedroht fühlenden Mittelklasse, die sich zur Sicherung ihrer eigenen
ökonomischen Position auf die Seite der Kapitalist*innen schlägt.[31] Die
neoliberalen Steuersenkungen für Superreiche der letzten Jahre und Jahrzehnte
gingen mit Austeritätspolitik[32] für den Rest der Bevölkerung einher. Mehrere
Studien belegen einen direkten Zusammenhang zwischen Austeritätspolitik und
Wahlerfolgen von rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien.[33]
Rechtspopulistische Narrative greifen die ökonomische Unsicherheit auf und
verbinden diese mit rassistischen Schuldzuweisungen. Die Bevölkerung wird in
Abgrenzung zu Ausländer*innen und Migrant*innen konstruiert, um die
Arbeiter*innenklasse zu spalten und zu schwächen.[34] Mit dieser Spaltung wird
ein klares Feindbild zur Ablenkung der wahren Klassengräben geschaffen.
Wie diese theoretischen Zusammenhänge in der Realität aussehen, zeigt sich klar
in den USA: Spätestens seit Beginn der zweiten Amtszeit Donald Trumps ist ein
autoritärer Umbruch sichtbar.[35] Unzählige Verfügungen setzte Donald Trump
potentiell verfassungswidrig im Alleingang durch. Anderen Multimilliardären, wie
Elon Musk und Mark Zuckerberg, wird immer mehr (politische) Macht zugeschoben.
Austerität wird vorangetrieben und migrantisierte Menschen werden verfolgt, dem
Land verwiesen oder inhaftiert – im Namen der breiten (weissen) US-Bevölkerung.
Die nationalistische, verschwörungsnahe, sexistische, rassistische und
queerfeindliche Politik, sowie die Spaltung der Arbeiter*innenklasse, gepaart
mit autoritären Führungsmethoden, lässt keinen Zweifel an faschistischen
Tendenzen. Gleichzeitig zeigt sich in diesen Entwicklungen der sogenannte
imperiale Bumerang. Die gewaltsamen Methoden, mit denen imperialistische Staaten
koloniale Gebiete unterdrücken, begrenzen sich nicht nur auf Gebiete ausserhalb.
Die faschistischen Entwicklungen zeigen sich darin, dass diese Gewalt nun auch
im Landesinneren der imperialistischen USA beispielsweise gegen migrantisierte
Menschen und sozialistische Aktivist*inne angewendet wird.
Auch in Europa sind faschistische Tendenzen und die Zusammenarbeit von
Faschismus und Kapital immer offensichtlicher. In Deutschland gewinnt die AfD
immer mehr Zuspruch, während sich die CDU immer mehr in Richtung der AfD bewegt,
um ihre Rolle als Retterin des Kapitals zu übernehmen. Dass sowohl die AfD, wie
auch die FPÖ in Österreich mehrere superreiche Spender*innen haben, ist bekannt.
Doch auch in der Schweiz sind die Überschneidungen zwischen Kapital und rechter
Politik offensichtlich. Blochers Millionen fliessen in die SVP, um ihre
rassistische, misogyne und faschistoide Politik zu stärken. Schon viel früher
als in den Nachbarländern ist in der Schweiz die rechtspopulistische Politik der
SVP salonfähig geworden.
Wenn wir dieser Entwicklung wirklich entgegenhalten wollen, müssen wir für eine
bessere Alternative kämpfen – und zwar, bevor es zu spät ist. Dafür reicht es
nicht, faschistische Entwicklungen nur da zu benennen, wo sie weit entfernt
sind, und faschistoide Tendenzen in der Schweiz zu verschweigen. Aus der
Geschichte lernen wir, dass Faschist*innen unsere demokratischen Institutionen
zerschlagen und das Klassenbewusstsein der arbeitenden Bevölkerung brechen
wollen. Umso wichtiger ist die Demokratisierung aller Lebensbereiche. Eine
starke, selbstbewusste Arbeiter*innenklasse, die für ihre eigene Befreiung
kämpft, ist das Kryptonit nicht nur der Faschist*innen, sondern auch der
kapitalistischen Autokrat*innen, die Hand in Hand mit Faschismus gehen. Denn das
einzige Gegenmittel gegen Faschismus heisst Demokratie und konsequente
Demokratisierung aller Lebensbereiche![36]
Vermögen verteilen – Faschismus bekämpfen!
Kurzfristig fordert die JUSO Schweiz die Stärkung von sozial gerechten
Steuerformen, um sozialpolitische Massnahmen zu finanzieren und den Reichtum an
die Arbeiter*innen rückzuverteilen. Mit den Milliardenprofiten für die
Superreichen muss Schluss sein! Deshalb fordert die JUSO Schweiz konkret:
Die Einführung einer Vermögensobergrenze von 200 Millionen: Um zu
verhindern, dass die Kluft zwischen den Reichsten und den Arbeiter*innen
immer grösser wird, muss eine Vermögensobergrenze eingeführt werden. So
können wir für eine gerechtere Gesellschaft mit sinkender
Vermögensungleichheit sorgen.
Die Einführung einer Erbschaftssteuer von 50% auf Erbschaften und
Schenkungen, mit einem Freibetrag von 50 Millionen Franken: Durch die
Erbschaftssteuer wird die generationenübergreifende Akkumulation von
Kapital unterbunden. Diese Akkumulation ermöglicht seit Hunderten von
Jahren die Konzentration von Reichtum in den Händen einiger weniger
Familien und begünstigt die Nachkommen der Reichen.
Strengere Kontrollen von Steuerhinterziehung: Um Steuerflucht zu
bekämpfen, braucht es geeignete Instrumente. Die Politiker*innen der
bürgerlichen Parteien verteidigen die Superreichen und tun nichts, um die
Superreichen daran zu hindern, sich für ihre persönlichen Interessen und
zum Nachteil der Mehrheit der Bevölkerung der Steuerpflicht zu entziehen.
Die Einführung von globalen Mindeststeuersätzen für Vermögens- und
Erbschaftssteuern: Besteuerung muss global organisiert sein. Superreiche
versuchen mit allen Mitteln, auf legalem oder illegalem Weg, weniger
Steuern zu bezahlen. Eine internationale Mindestbesteuerung löst dieses
Problem wirksamer als nationale Instrumente zur Bekämpfung der
Steuerflucht, die aber trotzdem ergänzend eingesetzt werden müssen. So
kann die Kapitalflucht in Steueroasen verhindert werden, die nur den
Superreichen und dem Bankensystem zugute kommt.
Die konsequente Durchsetzung der Kostenmiete: Profit mit Wohnraum zu
machen, bedeutet, Profit mit dem Bedürfnis aller Menschen nach einem
sicheren, ruhigen und geschützten Ort zu machen. Kapitalist*innen dürfen
nicht noch mehr Profit machen. Die Kosten für Wohnraum müssen auf etwas
anderem basieren als auf blosser Spekulation und künstlicher Knappheit, so
wie es in der Verfassung steht.
Die Demokratisierung aller grossen Unternehmen: Der Privatbesitz der
Produktionsmittel durch die Kapitalist*innen muss überwunden werden.
Solange es Privateigentum an Produktionsmitteln gibt, wird es
Vermögensungleichheiten geben, denn es handelt sich um eine
Klassengesellschaft.
Dies löst jedoch nicht die Wurzel des Problems, sondern reduziert die Probleme
nur oberflächlich. Langfristig setzt sich die JUSO Schweiz deshalb dafür ein,
die Systeme der Unterdrückung und das kapitalistische Ausbeutungssystem zu
überwinden. Ausserdem müssen die Kategorien Klasse, Geschlecht und “Race” für
die gemeinsame Befreiung der 99% abgeschafft werden. Um dies zu erreichen, führt
die JUSO Schweiz grundlegende Kampagnen, wie beispielsweise die Kampagne für die
Initiative für eine Zukunft, die grundsätzlich die Legitimität des Kapitalismus
in Frage stellen, mit dem Ziel, das Klassenbewusstsein zu schärfen.
[1] Calculé sur la base du seuil de pauvreté, pour 2023.
Pauvreté. (s. d.). Consulté le 6 juillet 2025, à
l’adressehttps://www.bfs.admin.ch/content/bfs/fr/home/statistiques/situation-
economique-sociale-population/bien-etre-pauvrete/pauvrete-
privations/pauvrete.html
[2] La Confédération. La population suisse est majoritairement satisfaite des
soins de santé. Consulté le 6 juillet 2025, à
l’adressehttps://www.news.admin.ch/fr/nsb?id=99203
[3]Economic Manuscripts : Capital Vol. I - Chapter Twenty-Seven. (1867) Consulté
23 juillet 2025, à l’adressehttps://www.marxists.org/archive/marx/works/1867-
c1/ch27.htm
[4]République helvétique. (s. d.). hls-dhs-dss.ch. Consulté 23 juillet 2025, à
l’adressehttps://hls-dhs-dss.ch/articles/009797/2011-01-27/
[5] Eigene Berechnungen basierend auf der Gesamtschweizerischen
Vermögensstatistik 2021.
[6] Bilanz (2024). Die 300 Reichsten 2024. Aufgerufen am 24. Juli unter:
https://www.bilanz.ch/bilanz/die-300-reichsten-2024
[7] Bilanz (2024). Die 300 Reichsten 2024. Aufgerufen am 24. Juli unter:
https://www.bilanz.ch/bilanz/die-300-reichsten-2024
[8] SKOS (o.D.). Armut. Aufgerufen am 24. Juli 2025 unter:
https://skos.ch/themen/armut
[9] Lampart, D., Gisler, E., Schley, M. (2024). Verteilungsbericht 2024. SGB.
[10] Bundesamt für Statistik (2020). Kontensequenz (VGR)
[11] Schärrer, M., Höglinger, D., Gerber, C. (2022). Entwicklung und Renditen
auf dem Mietwohnungsmarkt 2006 – 2021. Büro für arbeits- und sozialpolitische
Studien.
[12] Martínez, I., Baselgia, E. (2022). Tracking and Taxing the Super-Rich:
Insights from Swiss Rich Lists. KOF Working Paper 501.
[13] Rosa-Luxemburg-Bildungswerk Hamburg e.V. (2006). Hegemonie und Gegen-
Hegemonie als pädagogisches Verhältnis. Hamburger Skripte 15.
[14] Martínez, I., Baselgia, E. (2022). Tracking and Taxing the Super-Rich:
Insights from Swiss Rich Lists. KOF Working Paper 501.
[15] Rosa-Luxemburg-Bildungswerk Hamburg e.V. (2006). Hegemonie und Gegen-
Hegemonie als pädagogisches Verhältnis. Hamburger Skripte 15.
[16]En dix ans, les Suisses ont caché 66 milliards de francs au fisc—Le Temps.
(2023, juin 22).https://www.letemps.ch/suisse/en-dix-ans-les-suisses-ont-cache-
66-milliards-de-francs-au-fisc
[17] Elsässer, L., Hense, S. & Schäfer, A. (2018). Government of the people, by
the elite, for the rich: Unequal responsiveness in an unlikely case. MPIfG
Discussion Paper, No. 18/5.
[18] Schmitt, M. et al. (2025). Milliardärsmacht beschränken, Demokratie
schützen.
[19] Rosa-Luxemburg-Bildungswerk Hamburg e.V. (2006). Hegemonie und Gegen-
Hegemonie als pädagogisches Verhältnis. Hamburger Skripte 15.
[20] Bundesamt für Kommunikation (2024). Medienmonitor Schweiz. Aufgerufen am
24. Juli 2025, unter https://www.medienmonitor-
schweiz.ch/konzerne/meinungsmacht/
[21] Mandela N. et al (2025). Social Media Manipulation and the Threat to
Democracy: Analyzing the Role of Disinformation. The Voice of Creative Research,
Vol. 7, Issue 1.
[22] Weber, R. H. (2022). Künstliche Intelligenz: Regulatorische Überlegungen
zum „Wie“ und „Was“. Zeitschrift für Europarecht, 2022/1.
[23] Bauer, J. (14. März 2025). (Un)Heimliche Meinungsmacher. Correctiv.
Aufgerufen am 24. Juli 2025 unter:
https://correctiv.org/aktuelles/medien/2025/03/14/unheimliche-meinungsmacher-
blocher-zeitung-svp-schneider-nica/
[24] Wegelin, Y. (5. März 2015). Was ist journalistische Unabhängigkeit. WOZ die
Wochenzeitung. Aufgerufen am 24. Juli 2025 unter:
https://www.woz.ch/1510/kommentar/was-ist-journalistische-unabhaengigkeit
[25] Baetz, B., Zilm, K. (10. April 2018). Daten ohne Schutz – Zuckerberg in
Bedrängnis. Deutschlandfunk. Aufgerufen am 24. Juli 2025 unter:
https://www.deutschlandfunk.de/der-facebook-skandal-daten-ohne-schutz-
zuckerberg-in-100.html
[26] Graves, L. (13. Januar 2025): Will the EU fight for the truth on Facebook
and Instagram?. The Guardian. Aufgerufen am 24. Juli 2025 unter:
[27] Häusler, A., Fehrenschild, M. (2020). Faschismus in Geschichte und
Gegenwart. Ein vergleichender Überblick zur Tauglichkeit eines umstrittenen
Begriffs. Manuskripte (Vol. 26). Rosa-Luxemburg-Stiftung.
[28] Gehrlach, A. (26. Mai 2024). Das fünfzehnte Element des Faschismus.
Geschichte der Gegenwart. Aufgerufen am 24. Juli 2025 unter:
[29] Horkheimer, M. (1939). Die Juden und Europa. In: Zeitschrift für
Sozialforschung, Vol. 8/1939.
[30] Trotzki, L. (1932). Demokratie und Faschismus. Aufgerufen am 24. Juli 2025
unter: https://www.marxists.org/deutsch/archiv/trotzki/1932/wasnun/kap02.htm
[31] Mandel, E. (1953). Vingt ans après. Consulté 9 juillet 2025, à
l’adressehttps://www.marxists.org/francais/mandel/works/1953/07/vingt.htm
[32] Austeritätspolitik beschreibt neoliberale Politik, die zuerst Steuern für
die Reichsten senkt, um danach aufgrund von fehlenden Steuereinnahmen bei
öffentlichen Dienstleistungen zu sparen.
[33] Kaufmann, S. (2024). Macht Sparen rechts? Und warum?. Aufgerufen am 24.
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