Veranstaltung: | Jahresversammlung 18./19. Februar 2023 |
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Antragsteller*in: | Geschäftsleitung JUSO Schweiz (beschlossen am: 14.01.2023) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 28.02.2023, 11:40 |
Ersetzt: | PDENEU64: Rassismus erkennen und bekämpfen - in der Gesellschaft und der Linken |
PDENEU65: Rassismus erkennen und bekämpfen - in der Gesellschaft und der Linken
Antragstext
Rassismus ist in der schweizerischen Gesellschaft ein extrem stark verwurzelter
Mechanismus und zugleich Element kollektiver Leugnung. Oft ist Rassismus klar
erkennbar, wie etwa im Rahmen der seit den 1990ern typischen und immer
wiederkehrenden SVP-Kampagnen[1]. Rassismus kann aber nicht nur der SVP
zugeordnet werden, sondern findet sich in verschiedenen Formen immer und überall
in der Gesellschaft, so auch innerhalb linker Strukturen. Es muss daran erinnert
werden, dass es die Gewerkschaften und die Sozialdemokratie selbst waren, die
den rassistisch geprägten Diskurs um die “Überfremdung” lange schürten [2], [3].
Auch heute scheuen sich viele Linke davor, diese Vergangenheit aufzuarbeiten und
sich glaubwürdig am antirassistischen Kampf zu beteiligen[1], [4]. Dieser steht
in vielen Bereichen der Gesellschaft höchstens in seinen Anfängen. Bis heute
bleibt der Widerstand gegen die weisse Vorherrschaft an von Rassismus
betroffenen Personen hängen, während er in der weissen Mehrheitsgesellschaft
ausgeblendet wird.
In den letzten Jahren haben öffentlichkeitswirksame antirassistische Kämpfe,
nicht zuletzt dank der in den USA neu entfachten "Black Lives Matter"-Bewegung
(BLM), auch in der Schweiz an Reichweite gewonnen. Damit verbunden ist aber, wie
immer, auch ein reaktionärer Backlash. Besonders sichtbar wurde der
antirassistische Widerstand durch die Demonstrationen im Sommer 2020 im Rahmen
der weltweiten Proteste aufgrund des polizeilichen Mordes an George Floyd im US-
Bundesstaat Minnesota. Die breite Mobilisierung für die Demonstrationen wurde
dabei nicht von den üblichen linken Akteur*innen angestossen sondern primär von
Rassismus betroffenen People of Color (PoC), welche dabei eine für die Schweiz
unübliche Präsenz schufen.[5], [6].
Es muss betont werden, dass es nicht den Antirassismus gibt, genauso wenig, wie
es den Rassismus gibt. Diesem Umstand soll in diesem Papier Rechnung getragen
werden. Vielmehr bildet sich Antirassismus aus der Summe der teils separaten
Kämpfe von Menschen, die aufgrund verschiedener Formen der Rassifizierung
diskriminiert werden. Unter den (nicht abschliessend aufgezählten) Formen von
Rassismus finden sich nebst Diskriminierungen aufgrund der Hautfarbe auch der
Antisemitismus, Antiziganismus, sowie andere Diskriminierungen auf Basis von
fiktiven kulturellen oder geographischen Stereotypisierungen. Aufgrund der
thematischen Breite und Komplexität dieser unterschiedlichen antirassistischen
Kämpfe, gilt festzuhalten, dass in diesem Papier nur ein unvollständiges Bild
dieser Kämpfe wiedergegeben werden kann. Ausgeprägt ist dies im Fall des
Antisemitismus. Dessen komplexen historischen Hintergründen und weitreichenden
Konsequenzen, soll in Zukunft ein eigenständiges Papier/eine Resolution gewidmet
werden [7].
Die Schaffung und Verbreitung der kapitalistischen Wirtschaftsstrukturen konnte
nur in enger Verknüpfung und unter der Legitimierung rassistischer Strukturen
einhergehen. Rassismus ist ein notwendiges Instrument der
herrschenden Klasse, der Bourgeoisie, um die Arbeiter*innenklasse zu spalten.
Dem gilt es in Solidarität und mit allen Kräften entgegenzuhalten, ohne dabei
auszublenden, dass verschiedene Rassismen und verschiedene Kämpfe existieren,
die verbunden und gemeinsam geführt werden müssen.
Es ist kein Zufall, dass der Widerstand gegen den anti-Schwarzen Rassismus mit
der BLM-Bewegung erst seit kurzem in der breiten Öffentlichkeit thematisiert
wird. Denn während hierzulande Diskriminierung aufgrund der Nationalität schon
länger ein diskutiertes und umkämpftes Thema ist[6], [8], herrscht nach wie vor
der Irrglaube, dass sogenannte Fremdenfeindlichkeit nichts mit Rassismus zu tun
habe. Es ist die Konsequenz des typisch schweizerischen Diskurses, welcher
sowohl die Rolle der Schweiz in der europäischen Kolonialgeschichte, als auch in
der Zeit des Nationalsozialismus falsch erzählt. Diese Verzerrung der
historischen Fakten führt dazu, dass antirassistische Debatten in der
bürgerlichen Mitte und bei Linken auf Widerstand stossen [1], [9].
Dieses Positionspapier soll eine Grundlage für die kritische Auseinandersetzung
mit dem Thema Rassismus schaffen. Es dient als Instrument für ein mögliches
Vorgehen aus Sicht der JUSO Schweiz, aber auch zur kritischen Betrachtung
innerlinker Strukturen. Konkret soll auch die Rolle der vorwiegend von weissen
Menschen geprägten JUSO und anderen linken Kräften untersucht werden. Dieses
Papier soll mögliche Wege aus einer rassistischen, hin in eine antirassistische
Gesellschaft skizzieren.
Rassismus als Fundament des Kapitalismus
Zur Analyse des Jetzt-Zustands bedarf es einer begrifflichen Definition. Nur
lässt sich der Begriff des “Rassismus” nicht ganz einfach definieren. Wichtig
dabei zu erkennen ist, dass der Rassismus nicht existiert, sondern dass es
multiple und verschiedene Formen von Rassismen gibt. Diese können aufgrund
historischer Umstände und unterschiedlicher Kräfteverhältnisse auf einem
Spektrum angeordnet werden [10, S. 52]. Alle Rassismusformen haben eine
unterdrückende Funktion. Zur Definition von Unterdrückenden und Unterdrückten
werden dafür fiktive Unterschiede kreiert und pseudo-biologisch und/oder pseudo-
kulturell begründet [11, S. 92].
Vorweg ist zu erwähnen, dass die folgende Sichtweise der historischen
Entwicklung von Rassismus und die Betrachtung der Geschichte eine stark
eurozentrische ist und zwangsläufig geprägt von westlicher und weisser
Geschichtsschreibung.
Die Geschichte des Rassismus ist alt, der Begriff jedoch existiert erst seit dem
20. Jahrhundert als Antwort auf die Verbreitung pseudowissenschaftlicher
“Rassentheorien” [12]. In der Neuzeit kann der Ursprung des Rassismus auf die
sogenannte “Rückeroberung” der Iberischen Halbinsel im 14./15. Jh. durch die vor
Ort herrschenden Christ*innen zurückgeführt werden. Mit der sogenannten
“limpieza de sangre” (“Blutreinheit”), wurden pseudo-biologische Unterschiede
zwischen Christ*innen, Muslim*innen und Jüd*innen von herrschenden Christ*innen
definiert, welche zur systematischen Unterdrückung und Verfolgung von Jüd*innen
und Muslim*innen führte. Es gab jedoch bereits weit vorher rassistische
Vorkommnisse und Strukturen, diese werden unter dem Begriff der “Proto-
Rassismen” zusammengefasst.
Darauffolgend nahm die europäische Kolonialisierung im 15./16. Jh. rasant Fahrt
auf. Von kapitalistischer Profitgier getrieben, etablierten anfangs Spanien und
Portugal, später dann viele weitere europäische Mächte unterdrückerische
Herrschaftssysteme auf anderen Kontinenten. Genozide und Ausbeutung wurden
selbstgefällig rassistisch “legitimiert”. Anfangs geschah dies unter dem
Deckmantel des Christentums, indem Menschen auf den besetzten Kontinenten
“zivilisiert” und missioniert wurden. Dadurch wurde eine wirtschaftliche
Überlegenheit erschwindelt[14]. Dieser Prozess der Unterscheidung zwischen
Kolonialisierten und Kolonialisierenden manifestierte eine Binarität “wir” gegen
“die Anderen”, die immer wieder durch andere rassistische Argumente begründet
wurde und wird [13]. Wichtig ist zu verstehen, dass Kolonialismus und
Imperialismus für die Verbreitung und Systematisierung der kapitalistischen
Produktionsweise essenziell waren.
Rassismus ist ein elementarer Bestandteil für das Funktionieren der
kapitalistischen Produktionsweise und deren globale Entwicklung. Kapitalismus
basiert auf der Ausbeutung von Mensch und Umwelt, indem auf der ganzen Welt
geplündert wird. Die Bourgeoisie, hat dabei ein grosses Interesse daran, dass
sich die unterdrückten Menschen dieser Welt nicht als eine Klasse sehen. Der
bereits existierende Rassismus wird folglich auch als Kontrollinstrument
gebraucht, um einem Teil der Gesellschaft einen "minderwertigen" Status zu geben
und künstlich Feindseligkeiten zu erzeugen, um die Massen gegeneinander
aufzubringen und die bürgerliche Hegemonie nach dem Prinzip "teile und herrsche"
zu bewahren.
Auch die Schweiz war und ist Teil der transnationalen, imperialistischen und
kolonialistischen Verflechtungen. Wenn man die internationalen kapitalistischen
Unterfangen betrachtet, kann von einem Schweizer Bank- und Börsenimperialismus
gesprochen werden. Während und nach der sogenannten “Dekolonisation” nahmen
schweizer Unternehmen die Geschäfte ehemaliger Kolonialmächte oder derer
Akteur*innen auf. Bis heute wirtschaftet der schweizer Aussenhandel mit
diktatorischen und korrupten Regimes. Im 18. und 19. Jh. beteiligten sich
unzählige schweizer Kaufleute finanziell am transnationalen Sklav*innenhandel,
also an der systematischen Deportation von Bewohner*innen des afrikanischen
Kontinents. Weiter besassen Schweizer*innen Plantagen und versklavten dafür
Menschen auf verschiedenen Kontinenten[14], [16, S. 17].
Der systematische und für die Etablierung global-kapitalistischer Strukturen
unabdingbare Rassismus kann als direkter Vorläufer des pseudo-biologischen
Rassismus angesehen werden, welcher im 19./20. Jh. in Europa vorherrschte. Neben
Pflanzen und Tieren wurden Menschen systematisch in “Rassen” klassifiziert und
hierarchisiert, indem eine Pseudowissenschaft der "Rassenlehre" geschaffen
wurde, welche auch an Schweizer Universitäten als Studiengang angeboten wurde.
Im 20. Jh. wurden diese rassistischen Konzepte u.a. von den Nazis in
Deutschland, dem Apartheidregime in Südafrika und für die Jim-Crow-Gesetze in
den USA verwendet. Am Ende des 20. Jh. wurde das Konzept der “Menschenrassen”
klar wissenschaftlich widerlegt und geächtet. Seither wird der Begriff “Rasse”
im deutschsprachigen Raum im Kontext zur Unterscheidung von Menschen nicht mehr
verwendet. Im Französischen und Englischen wird race jedoch als Benennung eines
sozialen Konstrukts der Gesellschaft gebraucht[11].
Nach dieser gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Ächtung hat die neue
Rechte im sogenannten “Kulturalismus” (auch Neo-Rassismus) einen anderen Weg
gefunden, alte Gedanken neu zu verpacken. Nennenswert ist dabei das Konzept des
sogenannten “Ethnopluralismus”, der Menschen in sogenannte “Ethnien” einteilt
und das Zusammenleben verschiedener “ethnischen Gruppen” oder “Kulturen” ablehnt
- neue Begriffe, alte rassistische Ideologien [15, S. 37].
Rassismus als Herrschaftsinstrument der
schweizer Bourgeoisie
Der rassistische Migrationsdiskurs
In der heutigen Zeit angekommen, müssen verschiedene Wirkungsbereiche analysiert
werden. Zentrale Grundlage für den sowohl klassenspaltenden als auch
rassistischen Diskurs der Schweiz ist die Wortschöpfung der “Überfremdung”.
Dieser Begriff findet nicht nur in der öffentlichen Debatte Verwendung, sondern
auch in Gesetzen und amtlichen Dokumenten [16, S. 89ff]. Die Mehrdeutigkeit des
Begriffs machte ihn zu einem wichtigen Instrument, um Rassismus einen Schein von
Objektivität anzuheften – dies, obschon der Begriff bereits in seinen Anfängen
klar mit rassistischen Motiven in Verbindung gebracht wurde [9]. Im Rahmen der
problematisierten “Überfremdung” wird der Gegensatz eines “Wirs” gegenüber
“Ihnen”, den angeblich Fremden geschaffen. Die Begründungen dafür verändern sich
bis heute laufend. Sie reichen von pseudo-biologischen Auffassungen als
Grundlage einer rassistischen Politik bis hin zu vermeintlichen “kulturellen
Differenzen”. Letztere werden als Argument für eine nicht-Assimilierbarkeit an
die schweizerische Mehrheitsgesellschaft verwendet. Rassistisch sind ohnehin
alle Varianten, auch wenn statt von pseudo-biologischen Auffassungen der
“Rassen” von “Kultur” die Rede ist. [1], [8]. Rassismus, der mithilfe
“kultureller Unterschiede” begründet wird, ist somit auch in der bürgerlichen
Mitte absolut salonfähig [1], [3], [8].
Das gesellschaftliche Ausblenden von Rassismus in der Schweiz wird im
deutschsprachigen Raum massgeblich durch die Verwendung und Weiterentwicklung
des Begriffs der “Überfremdung” begünstigt. Damit allein kann aber die
Verdrängung einer antirassistischen Debatte aus der Öffentlichkeit nicht erklärt
werden. Hinzu kommt die bereits erwähnte falsche Erzählung über die schweizer
Beteiligung an kolonialen und neokolonialen Aktivitäten. Im Englischen wird das
Phänomen teils als “anti-racialism” bezeichnet – einer Form der Ausblendung der
Rassifizierung und der damit verbundenen Diskriminierung als Folge einer
Verdrängung der eigenen kolonialen Vergangenheit [1]. Ähnliches lässt sich
bezüglich Antisemitismus oder Antiziganismus feststellen. Als Paradebeispiel
gilt hier die zumeist fehlende Aufarbeitung der schweizer Beteiligung an NS-
Verbrechen nach dem Zweiten Weltkrieg. Auch in der Schweiz waren und sind heute
noch antisemitische Haltungen und faschistisches Gedankengut weit verbreitet.
Ausserdem wurde aktiv mit Nazi-Deutschland kollaboriert: Nebst der Zustimmung
zur Markierung der Pässe deutscher Jüd*innen mit dem “Judenstempel”, wurde
jüdischen Geflüchteten das Asyl verweigert. Schweizer Banken horteten Raubkunst
und Vermögen, welche die Nazis von ermordeten Jüd*innen geraubt hatten [7].
Schweizer Industrielle lieferten Baracken ins Konzentrationslager Auschwitz
[17], [18] – diese Aufzählung könnte noch lange fortgesetzt werden. Gestützt
wird das Ausblenden historischer Fakten durch die im Diskurs dominante Erzählung
der schweizer Neutralität, die dem Staat als angeblich neutrale Instanz in der
internationalen Zeitgeschichte verhilft, sich von Beteiligung und somit
Verantwortung reinzuwaschen [1]. Auch wenn die hiesige Bourgeoisie weltweit als
wirtschaftliche Profiteurin aktiv mit Kolonialstaaten, faschistischen Regimes
und dergleichen wirtschafteten und dies auch heute noch tut, kommt die
offizielle Schweiz in den Köpfen mit einer reinen Weste davon.
Vom Saisonnierstatut zum heutigen Migrationsregime
Zu verstehen, woher die rassistischen Strukturen der Schweiz kommen, ist kaum
möglich, ohne einen Überblick der jüngeren Geschichte der Arbeitsmigration zu
gewinnen, deren Hintergründe massgeblich durch die kapitalistische
Produktionsweise geprägt wurden. Erst ab dem Ende des 19. Jahrhunderts nahm die
Bedeutung der Einwanderung in der Schweiz zu. Davor war das Land aufgrund der
fehlenden wirtschaftlichen Perspektiven geprägt von Auswanderung. Mit der
Industrialisierung wuchs die Nachfrage nach Arbeitskräften [19]. De facto
herrschte bis nach dem ersten Weltkrieg eine Niederlassungsfreiheit für
Arbeiter*innen aus dem Ausland. Nach dem Ende des 1. Weltkrieges wurde die
Einwanderung durch Verschärfungen des Grenzregimes praktisch komplett
unterbunden. Beinahe nur die ab 1931 unter dem Saisonnierstatut geregelten
Arbeiter*innen durften sich befristet in der Schweiz niederlassen, um zu
arbeiten. Ihr Aufenthalt blieb auf eine maximal neunmonatige “Saison” ohne Recht
auf Familiennachzug limitiert. Dies ermöglichte – insbesondere nach dem Zweiten
Weltkrieg - das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, während zugleich eine klare
Segregation der ausländischen, meist italienischen, Saisonniers von der
restlichen Bevölkerung vorgenommen wurde. Im Zuge dessen wurde eine
fremdenfeindliche Politik zur Bekämpfung der “Überfremdung” der Schweiz
betrieben [20], [21]. Diese Politik ist ein Beispiel mehrfacher Diskriminierung.
Sehr wohl hätte die Schweiz einen Handlungsspielraum bessesen, denn der
Nachfrage nach Arbeitskräften hätte durch die Ausweitung der Lohnarbeit für
Frauen Rechnung getragen werden können. Dazu wäre jedoch das Eingeständnis einer
zunehmenden wirtschaftlichen Gleichstellung der Frauen von Nöten gewesen,
welches aber im Widerspruch zu den herrschenden bürgerlichen Rollenbildern stand
[16, S. 89ff]. So bot die Ausbeutung ausländischer Männer eine Win-Win-Situation
für die schweizer Bourgeoisie. Die Schweiz war und ist klar Profiteurin der
Ausbeutung von Migrant*innen, während zugleich eines der strengsten
Migrationsregimes Europas etabliert wurde. Obschon das Saisonnierstatut 2002 mit
Einführung der Personenfreizügigkeit durch die Europäische Union abgeschafft
wurde, zeichnet sich das Ausländer*innengesetz weiterhin durch das Bedürfnis der
Bourgeoisie nach Arbeitskräften aus. Währenddessen führt die Schweiz zugleich
noch immer eine der restriktivsten und am stärksten diskriminierenden
Migrationspolitiken Europas.
Juristisch baut das Schweizerische Migrationsregime auf dem Ausländer- und
Integrationsgesetz (AIG) [22], dem Asylgesetz (AsylG) [23] und internationalen
Abkommen (Schengen/Dublin) [24], sowie dem EU-Personenfreizügigkeitsabkommen
[25]) auf. Basierend auf diesen Grundlagen agieren die Institutionen als
Handlanger*innen einer gemeinsamen rassistischen Agenda, die von der Politik
zugeschnitten auf die (wirtschaftlichen) Interessen der Bourgeoisie aufgestellt
wurde. Zu den wichtigsten Akteur*innen zählen Frontex, das Sekretariat für
Migration (SEM), die Justiz- und Polizeibehörden sowie kantonale Migrations- und
Asylbehörden.
Die Auslegung der gesetzlichen Grundlagen ist gerade mit Blick auf
unterschiedlich stark ausgeprägte Mehrfachdiskriminierungen nicht einheitlich.
So unterscheidet sich die Behandlung von Migrant*innen abhängig von ihren
Herkunftsregionen stark. Dabei berufen sich die Institutionen des Asylregimes
nicht etwa auf “objektive” Kriterien, sondern verwehren Migrant*innen nach
scheinbar willkürlichen Mustern das rechtliche Gehör. Wobei sich hinter der
Willkür systematisch eine Kombination kulturrassistischer Stereotypisierungen
verbirgt. Dazu gehören orientalistische, islamfeindliche, antiziganistische,
anti-Schwarze, neo-rassistische und eurozentrische Prägungen. Anschaulich wurde
dies durch den Umgang mit den Flüchtenden aus dem Ukraine-Krieg: So wird
tausenden Flüchtenden aus anderen besetzten und/oder von Genoziden und
Angriffskriegen bedrohten Gebieten, sowie nachweislich politisch Verfolgten der
Status als anerkannte Flüchtlinge verweigert (F-Status). Zeitgleich schwappte
für weisse – im (kultur)rassistischen Diskurs weniger als “anders” betrachtete
Flüchtende aus der Ukraine, in den ersten Monaten des russischen Angriffskriegs
eine Solidaritätswelle über die Schweiz. Diskursiv verstärkten unzählige mediale
Solidaritätsbekundungen den Gegensatz zu nicht weissen Migrant*innen.
Bei den meisten negativen Asylentscheiden beruft sich das SEM auf mangelnde
Glaubwürdigkeit der Betroffenen oder auf “sichere Drittstaaten”. Durch diese
negativen Asylentscheide droht eine Abschiebung/Deportation oder ein Leben ohne
jeglichen Aufenthaltsstatus. Unter diesen Bedingungen bemüht sich die Schweiz
für abgewiesene Asylsuchende möglichst schlechte Lebensbedingungen in
sogenannten Rückkehrzentren zu schaffen. Gewisse Rückkehrzentren wurden von der
nationalen Kommission zur Verhütung von Folter stark kritisiert, in der
sogenannten Ausschaffungshaft starben in der Schweiz bereits mehrere Menschen.
Abgewiesene Asylsuchende müssen zudem in einem unwürdigen Nothilferegime
ausharren, während ihnen ein Zugang zum regulären Arbeitsmarkt komplett
untersagt wird. Wenn Betroffene auf mehr Geld als 240 CHF Nothilfe pro Monat
angewiesen sind, werden sie in illegale Arbeitsverhältnisse gezwungen.
Unsere Institutionen sind rassistisch!
Justiz und Polizei - Rassismus äussert sich durch Gewalt
Die Rolle der Polizei hat eine grosse Relevanz bei der Aufrechterhaltung von
rassistischen Gesellschaftsstrukturen. Ihre Arbeit beruht auf
Machtdemonstrationen und unverhältnismässigen Handlungen. Bei der Ausübung von
Polizeiarbeit ist oft der Gebrauch von Gewalt bei von Rassismus betroffenen
Meschen zu beobachten. Statt diese Problematiken auf einer systemischen Ebene zu
betrachten, werden rassistische Vorfälle von Staat und Öffentlichkeit oftmals
als “Einzelfälle” abgetan. Die Polizei ist eine rassistische Institution und es
reicht deshalb nicht, lediglich das individuelle Verhalten von Polizist*innen zu
betrachten.
In Polizeiberichten werden gewaltvolle Verhaftungen dokumentiert und oft mit
Vorwürfen der Aggression der verhafteten Person legitimiert, welche rückblickend
kaum hinterfragt werden. Dabei passiert bei polizeilichen Kontrollen
systematisches Racial Profiling. Von Rassismus betroffene Menschen Menschen
werden aufgrund ihrer Hautfarbe kontrolliert und dabei grundlegend anders
behandelt als weisse Menschen [26].
Ein Deckmantel für Rassismus bietet die nationalstaatliche Zugehörigkeit. So
klassiert die Rechtsordnung Menschen in drei verschiedene Gruppen: Schweizer
Staatsangehörige, Staatsangehörige von EU- und EFTA-Ländern und angehörige
sogenannter “Drittstaaten”. Für EU-/ EFTA-Angehörige gilt Personenfreizügigkeit,
der Aufenthalt von Personen aus “Drittstaaten” wird über bilaterale Abkommen
geregelt. Der Verfassungsartikel, welcher die Unterscheidung von Menschen
aufgrund ihrer "Rasse" verbietet, wird oft nicht eingehalten: Mohamed Wa Baile
weigerte sich, seinen Ausweis zu zeigen, nach dem die Polizist*innen nicht
begründen wollten, warum er der einzige Pendler war, der kontrolliert wurde. In
der Schweiz wurde die Polizeikontrolle aufgrund der Hautfarbe der Person als
rechtens erachtet. Mit der Begründung, dass der Bahnhof ein Passagenort für
"illegale Migration" sei. Der Fall ist nun am Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte hängig. [25]
Weiter sterben auch in der Schweiz heute noch Menschen durch rassistische
Polizeigewalt, sei das bei Kontrollen oder in Haft. Eine Aufarbeitung dieser
Fälle und daraus folgende Konsequenzen werden kaum gezogen. Dafür fehlen in der
Schweiz konkrete Datenerhebungen und Auswertungen, was Rassismus innerhalb der
Polizei anbelangt. Erst durch Druck aus der Zivilgesellschaft und von Seiten der
Medien werden Prozesse vereinzelt und schleppend aufgearbeitet. Wenn Betroffene
Klage einreichen wollen, scheitert der Prozess oft an mangelnden Beweisen und an
der Arbeit der Staatsanwaltschaft, die den Repressionsapparat schützt. Damit
muss endlich Schluss sein! Neben unabhängigen Anlauf- und Beschwerdestellen
braucht es systematische Erfassungen von rassistischer Polizeigewalt, dasselbe
gilt für die Justiz. Denn Gerichte gelten als erhabene Institutionen, die ein
Symbol für Objektivität und Neutralität sind. Das erschwert die
Auseinandersetzung mit Rassismus innerhalb der Justiz, obwohl auch Gerichte nie
von rassistischen Strukturen verschont geblieben sind.
Das Gericht festigt Stereotypen von rassifizierten Gruppen und kriminalisiert
diese. Die Weltanschauung von Richter*innen wirkt sich auf das Strafmass und die
Bewertung der Glaubwürdigkeit von Prozessbeteiligten aus. Studien aus dem
englischsprachigen Raum belegen, dass Schwarze Menschen härtere Strafen erhalten
und auch in der Rolle von Zeug*innen als weniger glaubwürdig erachtet werden als
weisse Zeug*innen [52]. Von dieser Situation ausgehend ist es notwendig,
rassistische Zustände in Gerichten anzuprangern und sich mit Menschen zu
solidarisieren, die von rassistischer Kriminalisierung betroffen sind.
Prozessbeobachtung und -berichterstattung muss gefördert werden, um eine
Dokumentation von Gerichtsverfahren zu ermöglichen.
Zugang zum Gerichtssystem um seine Rechte durchzusetzen ist ausserdem sehr
ungleich vorhanden. Wissen über und Vertrautheit mit dem Rechtssystem sowie Geld
um Rechtsvertretungen und Gerichtsgebühren zu bezahlen sind nicht für alle
Menschen gleich vorhanden. Rassifizierte Menschen sind dabei oft
schlechtergestellt.
Es braucht jedoch auch eine grundlegendere Auseinandersetzung mit Polizei und
Justiz. Diese Strukturen, insbesondere die Polizei, sind nicht reformierbar.
Daher müssen wir diese repressiven Institutionen finanziell schwächen und
langfristig ersetzen durch konstruktive Elemente öffentlicher Sicherheit wie
Bildung, Unterstützung bei Arbeitssuche und Wohnungssicherheit.
Struktureller Rassismus in der Schweiz konkret
Struktureller Rassismus ist in unserer Gesellschaft fest verankert. Betroffen
davon sind sowohl Menschen mit als auch ohne Migrationsgeschichte. Eine breite
Sammlung und Ergänzung von Studien der Universität Bern zeigt klar:
Struktureller Rassismus betrifft praktisch alle Lebensbereiche von
rassifizierten Gruppen in der Schweiz [24].
Im Bericht der Fachstelle für Rassismusbekämpfung aus dem Jahr Jahr 2014 wird
festgehalten, wie häufig rassistische Diskriminierung im Arbeitsumfeld vorkommt.
Zudem ist die Arbeitslosenquote bei Menschen mit Migrationshintergrund
überdurchschnittlich hoch, dasselbe gilt für Anstellungen im Tieflohnsektor.
Rassifizierte Frauen werden zudem mehrfachdiskriminiert. Die zusätzliche
Diskriminierung, die rassifizierte TINA (trans, inter, nonbinäre und agender)
Personen erfahren, wurde garnicht erst erfasst. Laut Bericht haben 9% der
Befragten bestätigt, dass sie eine systematische fremdenfeindliche Einstellung
am Arbeitsplatz erfahren [40]. Die Diskriminierung beginnt bereits bei der
Stellensuche. Bewerbende mit Migrationshintergrund oder “ausländisch” klingenden
Namen müssen im Durchschnitt 30% mehr Bewerbungen schreiben, um zu einem
Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. Zu dieser Erkenntnis kommt das
Forschungsprojekt “Discrimination as an obstacle to social cohesion” [41].
Besonders prekär ist die Arbeits- und Lebenssituation in der Schweiz für Sans-
Papiers, also Migrant*innen, die keinen geregelten Aufenthaltsstatus haben.
Mangels legalen Aufenthaltspapieren werden ihnen zahlreiche Rechte und die
Teilnahme am öffentlichen Leben verwehrt. In der Schweiz betrifft dies
schätzungsweise zwischen 80'000 und 300'000 Personen. Das Vermeiden von
Auffälligkeiten, die das Auffliegen ihres fehlenden Aufenthaltsstatus zur Folge
hätten, schränkt das Leben von Sans-Papiers stark ein [49].
Diese Vulnerabilität, kombiniert mit der Unmöglichkeit, legal einer
Erwerbstätigkeit nachzugehen, führt dazu, dass Sans-Papiers in illegalen
Arbeitsverhältnissen von Unternehmen ausgebeutet werden. Sie laufen in Gefahr
keinen oder einen zu tiefen Lohn zu bekommen [49]. Die rechtlichen Folgen werden
in den meisten Fällen von den Sans-Papiers getragen und nicht den
Unternehmer*innen, die illegal Lohndumping betreiben. Versuche, die Situation
von Sans-Papiers zu regularisieren, blieben meist erfolglos. Bekannte Projekte
sind dabei die “Operation Papyrus”, die im Kanton Genf seit 2017 immerhin eine
erleichterte Regularisierung ermöglichen sollte oder die Bemühungen der Stadt
Zürich mit der “City Card”, die versucht einen entkriminalisierten Aufenthalt in
der Stadt zu garantieren [50], [51].
Die rassistische Erschaffung von Identität in der schweizer
Mehrheitsgesellschaft
Ob eine Person als Schweizer*in oder Ausländer*in angesehen wird, wird von einem
Teil der Gesellschaft unter rassistischen Aspekten bestimmt [27]. Rassifizierung
ist dabei wesentlich. Fiktive Unterschiede werden kreiert, es spielt dabei keine
Rolle, wo eine Person aufgewachsen ist. So können auch Menschen als
“Ausländer*innen” marginalisiert und stigmatisiert werden, die in der Schweiz
geboren und aufgewachsen sind. Dieses “Integrationstheater” macht sich auch im
Diskurs um die Einbürgerungsvoraussetzungen und im Einbürgerungsprozess
insgesamt bemerkbar. 2018 trat das totalrevidierte Bürgerrechtsgesetz (BüG) in
Kraft, wodurch die Hürden bis zur Einbürgerung nochmals massgeblich angestiegen
sind. 10 Jahre Aufenthalt in der Schweiz und mindestens eine
Aufenthaltsbewilligung C sind für ein Gesuch nötig (vor der Revision konnten
sich auch Menschen mit Status B und F einbürgern lassen). Zusätzlich müssen
Antragstellende sogenannte “Integrationskriterien” erfüllen. Die
Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht (SBAA) verweist auf Fälle, in
denen die Einbürgerung verweigert wurde, weil erfragte “lokale Details” nicht
genannt werden konnten. Die kommunalen und kantonalen Unterschiede beim
Einbürgerungsverfahren sind gross. Die Verfahren sind oftmals demütigend, auch
weil in vielen Gemeinden die Gemeindeversammlung entscheidet, ob jemand
eingebürgert wird oder nicht. Dazu kommen die hohen finanziellen Kosten, durch
welche die Schweiz einmal mehr gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstösst.
Bei anerkannten Geflüchteten müsste das Verfahren gemäss der Konvention
beschleunigt und die Kosten dafür gesenkt werden.[28]
Bei der Debatte rund um die Einbürgerungsthematik bedient sich die
Öffentlichkeit rassistischen Ressentiments, dabei kommt das völkische
Gedankengut der breiten Bevölkerung einmal mehr zum Ausdruck. Den Pass müsse man
sich mit einer bestimmten "Werthaltung" verdienen [29]. Die rassistischen
Denkmuster zeigen sich in der Argumentation, dass Menschen ohne Schweizerpass
demokratie- und gleichstellungsfeindlich seien. Hier lässt sich festhalten: das
Herkunftsland von Antragstellenden ist das ausschlaggebende Kriterium für einen
positiven Einbürgerungsentscheid, was rassistisch ist. Kein Schweizerpass heisst
kein Mitspracherecht. Für uns ist klar: wer hier lebt, soll auch mitbestimmen
dürfen. Mit der rassistischen Ungleichbehandlung muss endlich Schluss sein.
Rassismus erkennen und bekämpfen
Europa erlebt derzeit ein regelrechtes Comeback rechtsradikaler, auf
rassistischen Fundamenten etablierter Ideologien. Die SVP als grösste
reaktionäre Kraft in der Schweiz ist in Europa keine Ausnahme, sondern gar eine
Vorreiterin gegenwärtiger Entwicklungen. Die rechtsextreme Partei schafft es
spätestens seit den 1990er-Jahren, regelmässig rassistische Initiativen zu
präsentieren und diese mittels aggressiver Hetzkampagnen auch nicht selten zu
gewinnen. Diese regelrechte Bombardierung mit reaktionären und identitären
Narrativen sorgt in der Gesellschaft zu einer Verschiebung der Diskurse im
Bereich der Migration nach rechts. Verwendet werden dabei neo-rassistische
Argumentationslinien, wobei deren Grundlagen schon vor den Zeiten der SVP gelegt
wurden. Der Begriff der “Überfremdung” als festen Bestandteil schweizerischer
Polit-Kultur erreichte seinen Höhepunkt in den 1970er Jahren durch die
Schwarzenbach-Initiative, welche von der “Nationalen Aktion gegen die
Überfremdung von Volk und Heimat” (heute als “Schweizer Demokraten” bekannt)
lanciert wurde. SVP-Politiker*innen übernahmen in den darauffolgenden Jahren ein
ähnliches Narrativ, wobei ihr Fokus dabei auf die Hetze gegen Asylsuchende
verlagert wurde [30, S. 188 u.a.]. Internationale Aufmerksamkeit erhielt dabei
das “Schäfchenplakat” im Zuge der SVP-Abstimmungskampagne zur
“Ausschaffungsinitiative”, welches vom Uno-Sonderberichterstatter für Rassismus
scharf verurteilt wurde.
Akteur*innen mit SVP-nahen Haltungen (oder teils SVP-Persönlichkeiten privat)
haben die Medien(häuser) teilweise selbst übernommen und schaffen es so,
Diskurse massiv zu beeinflussen. Das Resultat ist verheerend. Nebst der
Zusammenlegung vieler Publikationen unter der Kontrolle auserwählter
Chefredaktionen, beschränken sich die Besitzverhältnisse der meisten Kanäle auf
wenige mächtige Medienkonzerne. Darunter leidet nicht nur die Medienvielfalt und
die journalistische Qualität, sondern der Tenor hat sich grundsätzlich zugunsten
einer Agenda verschoben, die noch stärker auf die Verteidigung der etablierten
Ordnung ausgerichtet ist und zu ihrer rassistischen und autoritären
Radikalisierung anregt. Mit antirassistischen, antikapitalistischen Visionen
gegen diese anzukämpfen, ist angesichts der herrschenden Machtverhältnisse
äusserst schwierig. Auch Analysen zeigen klar: über rassifizierte
Minderheitengruppen wird oft berichtet, sie selbst kommen aber nicht zu Wort.
Gebraucht werden dabei rassistische Stereotypen und Vorurteile, die Debatte
verläuft oft pauschalisierend und wird v.a. von weissen, bürgerlichen cis
Männern geführt.[31, S. 40]
Rechts-konservative Kräfte sorgen schon lange dafür, dass rassistische
Ideologien in der Schweiz salonfähig gemacht werden (wobei in Frage gestellt
werden muss, ob solche Ideologien zu irgendeinem Zeitpunkt der neueren
Geschichte nicht präsent waren). Sie schaffen es, durch eine starke Präsenz in
den Medien die Meinung der breiten Bevölkerung zu beeinflussen. So passiert dies
beispielsweise bei der aktuellen Debatte um kulturelle Aneignung, welche
intensiv und kontrovers geführt wird. Das Thema wurzelt in der Zeit kolonialer
Herrschaft und hat somit ihren Ursprung in der Versklavung und systematischen
kulturellen Ausbeutung.
Auch wenn man sich bei der Debatte um kulturelle Aneignung auf einer
Gratwanderung befindet und bisher keine absoluten Lösungen zu finden sind, ist
die Diskussion von grosser Bedeutung. Sie ist deshalb wichtig, da sie ein
Bewusstsein schafft für das bestehende System der weissen Vorherrschaft in
unserer Gesellschaft. Kulturelle Aneignung ist darauf ausgelegt, bestimmte
Menschengruppen zu unterdrücken und auszubeuten. Viele Elemente kolonialisierter
Kulturen wurden von Kolonisator*innen geraubt und verwendet, um daraus Profit zu
schlagen. Diese Kulturgüter finden sich heute noch in vielen Museen im
westlichen Raum und veranschaulichen deutlich, wie koloniale Herrschaft bis
heute ihre Spuren hinterlässt. Im Jahr 1830 wurde in den USA ein Gesetz
erlassen, das sogenannte “Indian Removal Act”, um eine Gesetzesgrundlage zu
schaffen, die indigene Menschen vertreibt und die indigene Kultur verbietet
[48]. Das Ziel der Kritik an der kulturellen Aneignung ist darum eine
Neubetrachtung der Geschichte. Sie rückt die Forderung der Gleichberechtigung in
den Vordergrund [43].
Vom Alltagsrassismus zum alltäglichen
Antirassismus
Alltagsrassismus ist eine oft unterschwellige Form von Rassismus, die sich in
alltäglichen Situationen zeigt. Alltagsrassismus kann sich in Form von
Vorurteilen, Diskriminierungen, Stereotypen, Benachteiligung und Ausgrenzung
zeigen. Er kann sich auf verschiedene Aspekte des Lebens auswirken, wie
beispielsweise den Zugang zu Bildung, Arbeit, Wohnraum oder
Gesundheitsversorgung.
Alltagsrassismus hat viele Gesichter. So äussert sich dieser beispielsweise beim
Erfragen der “wirklichen” Herkunft oder der stereotypischen Darstellungen in
Schulbüchern. Diese Beispiele haben eines gemeinsam: Es wird eine
pauschalisierte und rassifizierte Einordnung gemacht, um Menschen nach
Nationalitäten oder “Kulturen” zu schubladisieren. Damit wird ein “Wir” und
“Ihr” geschaffen. Dieser Prozess wird “Othering” genannt. In jeder Gesellschaft
gibt es ein sogenanntes „rassistisches Wissen“, das aus Vorurteilen, Stereotypen
oder Vorstellungen über „Andere“ besteht. Über diese Vorurteile herrscht ein
(mehrheits-)gesellschaftlicher Konsens. Dieses rassistische Wissen zieht sich
quer durch alle Schichten und Gesellschaftsbereiche.
Eine bestimmende Zeit für die Erschaffung rassistischer Darstellungen waren die
Anfänge des 19. Jh. und besonders die Entwicklung des Charakters „Jim Crow“,
welcher Teil der Minstrel Shows in den USA war und einen unterhaltenden Zweck
hatte. Weisse Darsteller*innen mit schwarz angemaltem Gesicht spielten
Charaktere, die negative Stereotypen von Afroamerikaner*innen förderten.
Blackface-Darstellungen wurden zudem schnell Teil der Filmindustrie, dasselbe
gilt auch für Yellowface-Darstellungen [45] [46] [47].
Obwohl die Kritik an Blackface, Yellowface und Redface (gegen indigene
Bevölkerungsgruppen) in der Bevölkerung verbreitet ist, stösst sie oft auf
abwehrende Haltungen und Ignoranz. Es kommt nicht selten vor, dass sich Menschen
in der Schweiz an Halloween, in Basel an der Fasnacht oder in Frauenfeld an der
Bechtelisnacht als „Indianer“ verkleiden und damit sehr veraltete und falsche
Bilder von indigenen Bevölkerungsgruppen reproduzieren. Die Diskussion wird als
übertrieben und ungerechtfertigt abgetan. Grund ist fehlendes Bewusstsein und
Ignoranz und dadurch eine immerwährende Reproduktion der Stereotype. Das Tragen
einer Hautfarbe und von Kulturelementen einer ganzen Menschengruppe zur
Unterhaltung ist ein Akt der Entwürdigung und deren Auswirkung zeigt sich auch
heute noch. Menschen marginalisierter Gruppen und ihre Kultur zu parodieren und
für Kostüme, Popularität und Profit zu instrumentalisieren, zeigt die
Überheblichkeit bestehender Machtverhältnisse zwischen Profiteur*innen der
weissen Vorherrschaft und unterdrückten Menschengruppen.
Alltagsrassismus wird in der Schweiz von vielen Menschen erfahren und ist eng
mit gesellschaftlicher Macht verbunden. Eine Mehrheitsgesellschaft bestimmt, was
"normal" ist und hinterfragt diese historisch gewachsene (weisse) Normalität
nicht, sondern hält diese aufrecht. White Saviorism ist ein Produkt von
systematischem Rassismus. (Neo)koloniale Praktiken werden von Staaten,
Institutionen und Privatpersonen aus dem «globalen Norden» unter Schlagwörtern
wie «Entwicklungshilfe» und «Entwicklungszusammenarbeit» angewendet. So wird
beim Fundraising entsprechender NGOs oftmals mit stereotypisch-rassistischen
Bildern von «hilflosen» «afrikanischen» Kindern gearbeitet, welche dann durch
die Spender*innen aus dem globalen Norden «gerettet» werden sollten [35]. In
diesem Rahmen findet zudem auch ein Voluntourism von Menschen aus dem globalen
Norden statt, welche oftmals ohne jegliche Fachkompetenzen bei
“Entwicklungsprojekten” in Ländern des «globalen Südens» arbeiten.
Doch nicht nur NGOs und Privatpersonen reproduzieren koloniale Strukturen,
Staaten machen dies genauso. Auch die Schweiz betreibt mit der Direktion für
Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) neokoloniale Ausbeutung unter einem
humanistischen Deckmantel. So zahlte die DEZA der Water Resources Group (WRG),
einem Zusammenschluss der Grosskonzerne Nestlé, Coca-Cola und anderen
Akteur*innen bis zum Jahr 2020 jährlich eine Millionen Franken [32]. Auch die
aktive Präsenz in Ruanda vor dem Genozid ist offensichtlich problematisch, um
nur zwei Beispiele zu nennen [33].
Solche neokolonialen Machenschaften müssen sofort unterbunden werden. Sogenannte
«Entwicklungshilfe» muss abgeschafft werden. Für den angerichteten Schaden
müssen entsprechende Reparaturen ausgezahlt werden, dabei muss es sich um
Direktzahlungen oder Zahlungen an Projekte der lokalen Bevölkerung handeln.
Um Rassismus in der Mitte der Gesellschaft aufzulösen, muss die weisse
Mehrheitsgesellschaft ihre Privilegien aufgeben und institutionelle
Machtstrukturen öffnen, um Teilhabe für bisher unterrepräsentierte und
benachteiligte Gruppen zu ermöglichen. Dies erfordert tiefgreifende individuelle
und soziale Veränderungen, die von Widerstand und Abwehrstrategien der
Mehrheitsgesellschaft begleitet werden. Der antirassistische Kampf ist
unerlässlich für eine pluralistische und heterogene Gesellschaft und dringend
notwendig. Die weisse Mehrheitsgesellschaft muss rechtliche, soziale und
politische Massnahmen ergreifen und stärken, um Rassismus und andere Formen von
Diskriminierung abzubauen. Diese Massnahmen sollten sich an der Empowerment-
Bewegung von People of Color orientieren und rassistische Strukturen auf allen
Ebenen der Gesellschaft aufbrechen. Um erfolgreich zu sein, müssen diese
Massnahmen den Schutz vor Alltagsrassismus ernst nehmen und Teilhabe fördern.
Letztendlich geht es darum, Haltungen und Strukturen, welche von Respekt und
Wertschätzung geprägt sind, in allen Bereichen des Lebens zu etablieren. [42]
Keine Gesellschaftsvision ohne Antirassismus
Die Idee des Konzeptes von “Menschenrassen” wird heute praktisch nicht mehr
vertreten. Rassistische Ideologien haben einen neuen Anstrich erhalten, die
menschenverachtenden Ziele dahinter bleiben aber die gleichen. Diese gilt es
konstant zu entlarven und zu verurteilen. Wir leben in einer rassistischen
Gesellschaft und werden dementsprechend sozialisiert. Rassismus darf darum nicht
einfach nur mit (neo)nationalsozialistischen Ideologien gleichgestellt werden.
Rassistische Strukturen sind systematisch und historisch etabliert. Sie waren
und sind für das kapitalistische Wirtschaftssystem unentbehrlich.
Kapitalist*innen versuchen diese Strukturen mit aller Macht zu erhalten - wir
Arbeiter*innen können nur mit grenzenloser Solidarität und gemeinsamer
Kampfansage antworten.
Um die weisse Vorherrschaft in der Schweiz aktiv und grundlegend zu bekämpfen,
braucht es Massnahmen. Hierbei gilt es anzumerken, dass unsere Forderungen
keineswegs eine dauerhafte Alternative sind gegenüber der unentbehrlichen
Überwindung der bürgerlich-demokratischen Staats- und Gesellschaftsordnung als
Grundlage des Kapitalismus. In den folgenden Handlungsfeldern sind Massnahmen
dringend nötig:
- Antirassistische Bildung und Forschung bereitstellen
Für eine fundierte und qualitative Forschung zu Rassismusfragen muss der Bund
die finanziellen Mittel massiv aufstocken. Nur durch eine intensive
Ausseinandersetzung mit Rassismus und dessen Verankerung in unserer Gesellschaft
kann Rassismus in all seinen Formen effektiv entschärft werden. Die
Dekonstruierung des Rassismus und der weissen Vorherrschaft muss auf allen
Bildungsebenen stattfinden. Wir fordern darum die Verankerung von
antirassistischer Bildung in den Lehrplänen aller Bildungsstufen. Weiter gilt
es, staatliche Finanzierung von antirassistischer Forschung auszubauen.
Es braucht ein breites Angebot an antirassistischen Weiterbildungen in allen
Branchen. Insbesondere im Journalismus, der Bildung, Polizei und Justiz.
Staatliche Institutionen müssen diese Weiterbildungen regelmässig durchführen.
- Koloniale Schuld eingestehen und Konsequenzen ziehen!
Die Schweiz muss ihre koloniale Vergangenheit lückenlos aufarbeiten. Dazu gehört
die offizielle Anerkennung kolonialer Schuld und das Tragen derer Konsequenzen.
Auf diesen Prozess müssen direkte Reparaturzahlungen an Länder und
Bevölkerungsgruppen gezahlt werden, welche unter den kolonialen
Ausbeutungspraktiken von schweizer Unternehmen und Staat Schaden tragen. Private
und öffentliche Kulturgüter, bei denen Verdacht auf koloniale Herkunft besteht,
müssen enteignet werden. Es muss eine Aufarbeitung der Geschichte dieser Güter
stattfinden, welche mit der bedingungslosen Rückführung derer an die
ursprünglichen Herkunftsorte endet. Die Aufarbeitung der kolonialen
Vergangenheit muss auch in den schweizer Lehrmitteln endlich prominenten Platz
gewinnen. Schlussendlich muss die Schweiz mit ihren global tätigen Konzernen
auch die aktuelle Ausbeutung der Länder mit kolonialer Vergangenheit stoppen!
- Festung Europa sprengen!
Wir fordern das Ende der rassistischen Migrations- und Grenzpolitik der EU. Alle
Forderungen, die im Migrationspapier der JUSO Schweiz gestellt wurden, sind
grundlegend für den Kampf gegen Rassismus. Das Migrationsregime und die aktuelle
Grenzpolitik bewirken Gewalt, Ausgrenzung und Diskriminierung von rassifizierten
Gruppen und gehören abgeschafft. Auch bei der Erschaffung von Nationalstaaten
und deren Grenzen handelt es sich seit Beginn um einen rassistischen Prozess,
weswegen Grenzen abgeschafft und Nationalstaaten überwunden gehören.
- Gegen Rassismus in Justiz, Polizei und Migrationsbehörden!
Die Auswirkung rassistischer Gesellschaftsstrukturen auf allen Ebenen muss
endlich anerkannt werden. Im Polizei- und Justizapparat kostet Rassismus
Menschenleben. Wir fordern diesbezüglich konstante und umfassende
Datenerhebungen zu rassistischer Gewalt und Diskriminierung in staatlichen
Institutionen. Des Weiteren braucht es unabhängige, aber öffentlich finanzierte
Anlauf- und Beschwerdestellen für Betroffene. Diese Fachstellen sollen
verantwortlich sein für das Aufnehmen von Beschwerden gegen rassistische
Amtshandlungen, sei es von der Polizei oder anderen Behörden, und sollen diese
dann fundiert untersuchen und den Betroffenen entsprechende Hilfe leisten.
Solche Stellen sind jedoch nur wirksam, wenn sie über rechtlich verbindliche,
wirksame Instrumente verfügen und müssen somit entsprechend ausgestattet werden.
Daneben sollen die Institutionen des Migrationsregimes und die Polizei keine
zusätzlichen finanziellen Mittel mehr erhalten, die heute Grundlage für ihre
Militarisierung und den Ausbau ihrer repressiven Tätigkeitsbereiche sind.
Längerfristig soll die Polizei abgeschafft und Alternativen dazu geschaffen
werden.
- Gleiche Rechte für alle
Wir fordern gleiche Rechte für alle in der Schweiz wohnhaften Personen.
Politische Partizipation, also aktives und passives Stimm- und Wahlrecht, muss
für alle in der Schweiz lebenden Personen gewährleistet werden. Kein Mensch soll
in Unwürde leben müssen, deshalb muss der Zugang zum Arbeitsmarkt, zur
Sozialhilfe und zu Sozialversicherungen gewährleistet sein, ohne den eigenen
Aufenthaltsstatus zu riskieren.Es braucht stärkere Massnahmen, um Rassismus am
Arbeitsplatz und auf dem Arbeitsmarkt zu unterbinden. Die durch das AIG und
Asylgesetz erschaffene Zweiklassengesellschaft muss ein Ende finden.
Rassistische Diskriminierungsformen in den Bereichen Wohnen, Leben und Arbeit
sollen vom Staat erfasst und analysiert werden. Aus den Resultaten gilt es,
entsprechende Massnahmen auszuarbeiten und umzusetzen.
Schweizer Linke und (Anti-)rassismus - wie
weiter?
Die weisse Linke im mitteleuropäischen Raum scheint es bis heute nicht geschafft
zu haben, sich eine stringente und konsequente Rassismusanalyse anzueignen und
dementsprechend zu handeln. Konzepte dazu wären vorwiegend vorhanden, bleiben
jedoch meist unbeachtet. Einzig das Konzept der Intersektionalität findet
teilweise Platz in linken Analysen, wird aber oftmals missverständlich, vage und
in kompletter Ignoranz ihrer Herkunft angewendet. Antirassismus scheint mehr als
moralische Verpflichtung angesehen zu werden, was dazu führt, dass ein grosser
Teil der weissen Linken nicht fundiert erklären kann, wie Rassismus und
Kapitalismus zusammenhängen oder dass Rassismus durch sogenannte “Color
Blindness” negiert wird. So argumentieren linke Akteur*innen nicht selten damit,
dass alle Menschen als “gleich” zu betrachten sind und missachten damit die
Tatsache, dass wegen systemischer Unterdrückung nicht alle Menschen gleich
behandelt werden. Damit blenden sie auch aus, dass Massnahmen gegen rassistische
Ungleichheiten nötig sind.
Eine fundierte Analyse ist wichtig, um linken von liberalem Antirassismus zu
unterscheiden. Letzterer versucht systematische Diskriminierungsstrukturen auf
eine individuelle Ebene herunterzubrechen [33]. Dabei lassen liberale
Antirassist*innen ausser Acht, dass Rassismus ein zentrales
Ausbeutungsinstrument des Kapitalismus ist. Der Kampf gegen Rassismus ist damit
auch immer ein Kampf gegen den Kapitalismus. Bei diesem Kampf dürfen sich
Arbeiter*innen nicht spalten lassen.
Neuere postkoloniale Konzepte, die sich am Marxismus orientieren, müssen auch
für die Schweizer Linke von zentraler Bedeutung werden. Die postkoloniale
Theoretikerin Gayatri Spivak kritisiert die vorwiegend patriarchal-
eurozentristische Herangehensweise der vielgelesenen westlichen
Theoretiker*innen und vertritt die Ansicht, dass erst glaubhaft antirassistisch
gehandelt werden kann, wenn mit dem patriarchal-eurozentristischen Wissensregime
gebrochen wird. Ein Hauptproblem ist, dass anti-rassistische Forderungen kaum
prominent in den Wahlprogrammen vorkommen und die Reflexion darüber kaum
stattfindet. Vorlagen wie das Frontex-Referendum wurden zuletzt von der SP
stiefmütterlich behandelt und dementsprechend mit wenigen Ressourcen
unterstützt. Auch die JUSO muss darüber Reflexion betreiben und ihre
Erkenntnisse entsprechend in die SP und an andere linke Kräfte tragen. Denn wenn
die JUSO zu einer antirassistischen Kraft werden will, muss als Voraussetzung
eine interne Umstrukturierung, Hinterfragung des internalisierten Rassismus und
Bildung zum Thema stattfinden. Handlungsbedarf besteht insbesondere in folgenden
Bereichen:
- Interne Bildungsarbeit
Aktuell existiert ein grosses Bildungsdefizit beim Thema Rassismus. In den WSWS
findet sich selten eine antirassistische Perspektive. Die JUSO soll in Zukunft
fundierte Bildung zu geschichtlichen Hintergründen des Rassismus und
antirassistischen Bewegungen anbieten, sei es in der Form eines WSWS oder von
kürzeren thematischen Workshops. Bei der Überarbeitung der WSWS muss zudem eine
antirassistische Perspektive zu allen bestehenden WSWS hinzugefügt werden.
- Reflexion und daraus resultierende Konsequenzen
Basierend auf der antirassistischen Bildung muss eine tiefergehende
Selbstreflexion in der JUSO stattfinden. Wir wollen dafür Module erarbeiten,
durch welche eine fundierte kritische Auseinandersetzung mit dem
internalisierten Rassismus von weissen JUSO Aktivist*innen sowie Rassismus in
den parteieigenen Strukturen erfolgt. Für eine fundierte Bildung und
Selbstreflexion müssen Rassismusbetroffene sowie antirassistische Aktivist*innen
Raum erhalten, sei es durch das Verfassen von Bildungsangeboten, Organisation
von Bildungsveranstaltungen oder Kritik an Organisationsstrukturen oder
Verhaltensweisen innerhalb der Partei. Dabei ist es wichtig, die Verantwortung
für antirassistische Bildung nicht auf Rassismusbetroffene abzuschieben.
- Struktur
Bisher wurde innerhalb der JUSO zu wenig Awareness-Arbeit geleistet und so gibt
es für Rassismusbetroffene keine Möglichkeit, rassistische Vorfälle innerhalb
der Partei zu melden. Wenn wir rassismusfreiere Strukturen schaffen wollen, muss
ein Awareness-Konzept gegen Rassismus erarbeitet werden, das während
Versammlungen und allen anderen JUSO-Events angewendet werden kann. Zusätzlich
müssen Reflexionsräume geschaffen werden. Zudem muss sich die JUSO bei den
Gewerkschaften und in der SP aktiv für eine antirassistische Politik einsetzen.
Gewerkschaften bieten beispielsweise keine spezifischen Beratungs- und
Unterstützungsangebote für Menschen an, die am Arbeitsplatz von Rassismus und
Diskriminierung betroffen sind. Auch in der SP ist die Bekämpfung von
rassistischen Strukturen grösstenteils Nebensache und wird zu wenig an die
Öffentlichkeit getragen.
- Vernetzung
Die JUSO vernachlässigt den Austausch und die Zusammenarbeit mit
antirassistischen Akteur*innen aktuell: Dies muss sich umgehend ändern! Im Kampf
gegen den Kapitalismus und allen Unterdrückungsstrukturen ist die Zusammenarbeit
mit anderen Organisationen grundlegend. Die JUSO muss dabei eine unterstützende
Rolle übernehmen und die Bühne Rassismusbetroffenen und antirassistischen
Aktivist*innen überlassen.
Bibliographie
[17] M. Tribelhorn, «Brisanter Deal mit der SS: Schweizer Holzbaracken für die
KZ», Neue Zürcher Zeitung, 28. Dezember 2020 [Online]. Verfügbar unter:
https://www.nzz.ch/schweiz/brisanter-deal-mit-der-ss-wie-die-schweiz-im-zweiten-
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2023]
[33] B. T. swissinfo.ch (Übertragen aus dem Französischen: Peter Siegenthaler),
«Schweizer Hilfe in Ruanda im Schatten der Massaker», SWI swissinfo.ch.
[Online]. Verfügbar unter: https://www.swissinfo.ch/ger/politik/20-jahre-nach-
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[Zugegriffen: 12. Januar 2023]
[36] Rundschau - Gewalt an der Grenze: EU-Geld für kroatische Schlägerpolizisten
- Play SRF. (1. Januar 1970) [Online]. Verfügbar unter:
https://www.srf.ch/play/tv/rundschau/video/gewalt-an-der-grenze-eu-geld-fuer-
kroatische-schlaegerpolizisten?urn=urn:srf:video:95f47608-080a-464a-bfe1-
0dde37692b4b. [Zugegriffen: 3. Januar 2023]
[40] “Rassistische Diskriminierung im Arbeitsumfeld häufiger als anderswo”
kurztext_berichtfrb2014arbeitswelt.pdf
[41] “Hiring discrimination on the basis of skin colour? A correspondence test
in Switzerland” https://doi.org/10.1080/1369183X.2021.1999795
[42] TOAN QUOC NGUYEN Outside the box – Rassismuserfahrungen und
Empowerment von Schüler*innen of Color.
[43] Balzer, Jens. „Was Sie wissen sollten, bevor Sie sich über kulturelle
Aneignung aufregen“. Republik, 11. August 2022.
https://www.republik.ch/2022/08/11/was-sie-wissen-sollten-wenn-kulturelle-
aneignung-sie-aufregt.
[44] Redaktion. „Debatte um kulturelle Aneignung - max neo - Nürnberg“. max neo
(blog), 15. Februar 2022.https://www.maxneo.de/2022/02/15/debatte-um-kulturelle-
aneignung/.
[45] Clark, Alexis. „How the History of Blackface Is Rooted in Racism“. HISTORY.
Zugegriffen 11. Januar 2023.https://www.history.com/news/blackface-history-
racism-origins.
[46] Morgan, Thaddeus. „How Hollywood Cast White Actors in Caricatured Asian
Roles“. HISTORY. Zugegriffen 11. Januar 2023.
https://www.history.com/news/yellowface-whitewashing-in-film-america.
[47] „Yellowface, Whitewashing, and the History of White People Playing Asian
Characters | Teen Vogue“. Zugegriffen 11. Januar 2023.
https://www.teenvogue.com/story/yellowface-whitewashing-history.
[48] deutschlandfunk.de. „Vor 190 Jahren - ‚Indian Removal Act‘ wird
unterzeichnet“. Deutschlandfunk. Zugegriffen 11. Januar 2023.
https://www.deutschlandfunk.de/vor-190-jahren-indian-removal-act-wird-
unterzeichnet-100.html.
[49] Sans-Papiers Anlaufstelle Zürich. „Wer sind Sans-Papiers“. Zugegriffen 11.
Januar 2023. https://sans-papiers-zuerich.ch/hintergrundinfos/wer-sind-sans-
papiers/.
[50] Migration, Staatssekretariat für. „Papyrus“. Zugegriffen 11. Januar
2023.https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/themen/aufenthalt/sans-
papiers/papyrus.html.
[51] Sans-Papiers Anlaufstelle Zürich. „Züri City Card“. Zugegriffen 11. Januar
2023. https://sans-papiers-zuerich.ch/hintergrundinfos/zueri-city-card/.
[52] Schlüter, Sophie, und Katharina Schoenes. „Zur Ent-Thematisierung von
Rassismus in der Justiz. Einblicke aus der Arbeit der Prozessbeobachtungsgruppe
Rassismus und Justiz“. movements. Journal for Critical Migration and Border
Regime Studies 2, Nr. 1 (26. September 2016). http://movements-
journal.org/issues/03.rassismus/12.schlueter,schoenes--
zur.entthematisierung.von.rassismus.in.der.justiz.html.
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Änderungsanträge
- Globalalternative: PDE-080 (JUSO Kanton ZH (beschlossen am: 23.01.2023), Eingereicht)
- A1-396-DE (Eliot Fournier (JSVR), Eingereicht)
- A1-522-DE (Eliot Fournier (JSVR), Eingereicht)
- A1-604-DE (Eliot Fournier (JSVR), Eingereicht)
- PDE-106 (PoSa JUSO Baselland (beschlossen am: 21.01.2023), Eingereicht)
- PDE-118 (PoSa JUSO Baselland (beschlossen am: 21.01.2023), Eingereicht)
- PDE-203 (JUSO Aargau (beschlossen am: 22.01.2023), Eingereicht)
- PDE-286 (PoSa JUSO Baselland (beschlossen am: 21.01.2023), Eingereicht)
- PDE-292 (PoSa JUSO Baselland (beschlossen am: 21.01.2023), Eingereicht)
- PDE-463 (JUSO Kanton Zürich (beschlossen am: 23.01.2023), Zurückgezogen)
- PDE-491 (Joris Fricker (JUSO BS), Eingereicht)
- PDE-496 (PoSa JUSO Baselland (beschlossen am: 21.01.2023), Eingereicht)
- PDE-508 (Dario Bellwald, Obwalden; Kilian Teubner, Obwalden; Jana Kürzi, Zug; Arsena Odermatt, Zug; Levin Freudenthaler, Zug; Mario Huber, Luzern, Eingereicht)
- PDE-541 (PoSa JUSO Baselland (beschlossen am: 21.01.2023), Eingereicht)
- PDE-551 (PoSa JUSO Baselland (beschlossen am: 21.01.2023), Eingereicht)
- PDE-581 (Dario Bellwald, Obwalden; Kilian Teubner, Obwalden; Jana Kürzi, Zug; Arsena Odermatt, Zug; Levin Freudenthaler, Zug; Mario Huber, Luzern, Eingereicht)
- PDE-611 (JUSO Kanton Zürich (beschlossen am: 23.01.2023), Eingereicht)